Keine Störung im TPF-Netzwerk

Die tapfere Standseilbahn

Am 4. Februar 1899 wurde in Freiburg die Standseilbahn eingeweiht. Mittlerweile unter Denkmalschutz gestellt, bleibt sie eine Sehenswürdigkeit und ein Symbol Freiburgs. Im Jahr 2024 feierten die Freiburgischen Verkehrsbetriebe (TPF), die die Standseilbahn seit 1970 betreiben, ihr 125-jähriges Bestehen.
 
Anlässlich dieses Jubiläums wurde im Park nahe der Hochstation eine temporäre Ausstellung entfaltet, die die epochale Geschichte dieser Ikone des Freiburger Stadtkulturerbes nachzeichnet.
 
Entdecken Sie die Geschichte, den Einfallsreichtum und den Charme des „funi“ neu!

Freiburg im. 19. und 20. Jahrhundert

Mit der Ankunft der Eisenbahn in Freiburg verschiebt sich das wirtschaftliche Zentrum der Stadt ab 1862 zum Bahnhof. In der Unterstadt leben die Arbeiter mit ihren Grossfamilien.
Fast die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt wohnt in den Arbeitervierteln, viele davon in ärmlichen Verhältnissen.
Die Industrieanlagen entstehen auf der späteren Pérolles-Ebene und um den Bahnhof herum. Die für ihren Betrieb benötigte Energie liefert der Staudamm Magere Au, der 1872 erbaut wurde.

Als die Standseilbahn errichtet wurde, war sie zunächst als Beförderungsmittel für die Arbeiter der Unterstadt gedacht, um zu den immer zahlreicheren Baustellen und Industrieanlagen in der Neustadt zu gelangen.

Das "Funi" und die Cardinal-Brauerei

Zum Bau der Standseilbahn Neuveville – St-Pierre angeregt hatte unter anderem Paul-Alcide Blancpain. Der pensionierte Uhrmacher hatte eine insolvente Brauerei im Neustadtquartier übernommen. Unter seiner Leitung baute er sie zur florierenden Cardinal-Brasserie aus. Als die Räumlichkeiten in der Unterstadt zu eng wurden, zog die Brauerei 1904 in die Nähe des Bahnhofs um.
Zusätzlich zu seiner Brauereitätigkeit war Paul-Alcide Blancpain eine der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung des öffentlichen Verkehrs in der Stadt Freiburg und er zählte auch zu den Befürwortern des Trams. Von 1901 bis 1965 stellte die Cardinal-Brauerei den Betrieb der Standseilbahn Neuveville – St-Pierre sicher.

Ein Generationsübergreifendes Abenteuer

Der Geschichte der Familie Blancpain ist zu entnehmen, dass die Standseilbahn auf eine Idee von Paul-Alcides Sohn Paul Othon zurückging. Dieser hatte die Arbeiter dabei beobachtet, wie sie tagtäglich mit Mühe die Strasse der Grand-Fontaine erklommen.

Entdecken Sie mehr über dieses Familienunterfangen in den Worten von Loïc Blancpain, Ururenkel von Paul-Alcide Blancpain.

Erfahren Sie mehr über die Geschichte der Standseilbahn und der Brauerei mit einem Besuch im SwissBierMuseum.

Eine der sieben letzten verbleibenden Wasserballastbahnen

Die Standseilbahn Neuveville-Saint-Pierre verfügt über eine grosse Besonderheit: Sie ist eine der sieben letzten Standseilbahnen in Europa, die mit Wasserballast betrieben werden. Diese Antriebsart wurde Ende des 19. Jahrhunderts vor allem aus wirtschaftlichen Gründen gewählt,
aber auch, um die Unabhängigkeit und Regelmässigkeit der Bahn zu gewährleisten. Da die städtische Wasserund Forstgesellschaft damals die für den regelmässigen Betrieb erforderliche Wassermenge nicht garantieren konnte, nutzt das Funiculaire… Abwasser!
Unseres Wissens ist sie damit weltweit einzigartig. Das macht sie zu einem Champion der erneuerbaren Energie – lange vor der Stunde der Nachhaltigkeit!

Das «Funi» besteht aus einem sichtbaren und einem unsichtbaren Teil. Erfahren Sie mehr, indem Sie das Video anschauen.

Die Geschichte einer Reise

Hier wird die Funktionsweise der mit Gegengewicht betriebenen Standseilbahn von Freiburg illustriert: der abwärts fahrende Wagen, dessen Tank mit Abwasser gefüllt wird, zieht den anderen Wagen an einem Seil nach oben. Zwei Angestellte der Freiburgischen Verkehrsbetriebe (TPF) stellen den ordnungsgemässen Betrieb dieses Mechanismus sicher.
Sie arbeiten immer zu zweit, jeder am Kopfende eines Wagens. Bei jeder Fahrt füllt der
für den oberen Wagen verantwortliche Fahrer den Tank mit der erforderlichen Wassermenge, damit das Gegengewicht funktioniert.

Wussten Sie schon?

7 Personen oben und 20 unten? Oder doch 15 oben und 3
unten? Entdecken Sie, wie das Fahrpersonal der TPF bei
jeder Fahrt sicherstellt, dass das Gegengewicht funktioniert und verhindert, dass die Wagen am Gleichgewichtspunkt stehenbleiben.

Die Geheimnisse des hohen Alters des "Funi"

Die Standseilbahn verfügt noch heute über ihre Originalmechanik. Vor 125 Jahren wurden in der Transportbranche noch keine Kugellager verwendet. Da die Bronzebuchsen direkt auf den Eisenachsen liegen, ist ein Fettfilm zwischen den Teilen unerlässlich. Die Mechaniker kümmern sich zwei Mal pro Woche – meist montags und donnerstags – darum, dass die Mechanik gut geschmiert ist. Einmal im Monat werden die Tanks, die das Abwasser unter dem Python-Platz speichern, am Abend nach Betriebsschluss vollständig geleert und gereinigt. In der Nacht werden sie dann wieder mit Abwasser befüllt.

Die "grossen Revisionen"

Jedes Jahr im September kommt die Standseilbahn zwei oder drei Wochen lang zum Stillstand. Das für die Wartung verantwortliche Team demontiert die Bremsen vollständig,
um den Zustand aller Bestandteile zu prüfen. Alle sechs Jahre werden die Wagen von den Schienen genommen und per Lkw in die Werkstätten von Doppelmayr-Garaventa in der Nähe von Thun gefahren.
Alle sicherheitsrelevanten Teile, insbesondere die Achsen, Bremstrommeln und Bandbremsen werden mit Ultraschall auf allfällige Risse geprüft, was vor Ort nicht möglich ist.
Die Standseilbahn unterliegt dabei denselben Regeln und Pflichten wie Gondel- und Seilbahnen.

Rundumsanierung (oder fast)

Ein Achsenbruch hätte dem «Funi» im Jahr 1996 fast den Todesstoss versetzt. Insgesamt waren 9000 Stunden sorgfältiger Arbeit nötig, um die Standseilbahn zu renovieren.
Ein grosser Teil davon wurde in den Werkstätten der Von Roll AG in Bern geleistet, die die Standseilbahn ein Jahrhundert zuvor gebaut hatte.
Viele Infrastrukturelemente mussten speziell für die Bahn hergestellt werden, so etwa die Schienen, die über ein besonderes Profil verfügen. Das Unternehmen forschte nach den besten Legierungen, um die Teile originalgetreu nachzubilden. Die Wagen erhielten ihre ursprüngliche grüne Lackierung zurück, die wie 1898 mit Leinöl hergestellt wurde. Sie waren in den Sechzigerjahren rot gestrichen worden, der genaue Grund dafür ist heute jedoch
nicht mehr bekannt.
Nur die Stationen konnten nicht originalgetreu renoviert werden. Bei einer Neugestaltung in den Sechzigerjahren verschwanden die Holzelemente und Steine der Heimatstil-Fassade. Diese Änderungen konnten nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Die Rettung durch die Bevölkerung

1996 erleidet einer der beiden Wagen einen Achsenbruch, der Betrieb der Standseilbahn wird eingestellt. Dies löste zahlreiche Diskussionen zur Zukunft des «Funi» aus. Soll die Bahn elektrifiziert werden? Automatisiert? Oder gar durch eine moderne Anlage ersetzt werden? Die
Freiburgerinnen und Freiburger mobilisierten sich, besonders in den benachbarten Vierteln und der Unterstadt.
Ein Trägerverein wurde gegründet, der eine Petition zur Erhaltung und Sanierung der Standseilbahn startete. Diese wurde von mehr als 4800 Personen unterschrieben. Dadurch schärfte sich das Bewusstsein der Stadt und der Stadtverwaltung über die Bedeutung des Funiculaire, das für die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt ein Identitätsfaktor wurde.

Ein Bindeglied für die Stadt Freiburg

Die Verbundenheit mit dieser zeitlosen Anlage ist auch bei
den Angestellten der Freiburgischen Verkehrsbetriebe (TPF) zu spüren, die das Funiculaire teils seit vielen Jahren hegen und pflegen.

Einige waschechte «Funi»-Fans fahren fast täglich mit der Standseilbahn. Hier melden sie sich zu Wort.

Hören Sie den Bericht von Marcel Gauch, der die Standseilbahn seit vielen Jahren betreibt.

Eidgenössisches historisches Denkmal

In der Zeit vor der Sanierung Ende der 1990er Jahre bot das Amt für Kulturgüter des Kantons den Freiburgischen Verkehrsbetrieben als Inhaberin der Standseilbahn an, diese unter Denkmalschutz zu stellen, um die Sanierungsarbeiten subventionieren zu können. Bei der
erneuten Inbetriebnahme des Funiculaire im Jahr 1998 wurde die Anlage schliesslich zum eidgenössischen historischen Denkmal erklärt.

Das Funiculaire und das Motta-Freibad

Schon bei seiner Gründung hätte die Standseilbahn ihre Daseinsberechtigung in der Badesaison finden können. Die einstige «Badstube» wurde später zum «Rütlibad» und dann in «Funiculaire-Bad» umbenannt. Das Freibad wurde gegenüber des Café du Funiculaire eingerichtet, das heute noch in Betrieb ist.
Ab 1923 wurde das Motta-Freibad für die Bevölkerung geöffnet. Heute sind es die Freibad-Besucher, die dem «Funi» eine Rekordfrequentierung bescheren. Im Juli 2023 wurden an einem einzigen Hitzetag 1892 Personen befördert.

Der „Funi“ in Bildern